Die Husaria

Die Husaria war eine schwer gepanzerte Reiterei der polnischen - litauischen Rzeczpospolita. Sie beherrschte die Schlachtfelder jener Zeit vom Anbeginn des XVI. bis zur Mitte des XVIII. Jahrhunderts. Ihre Aufgabe bestand überwiegend darin, die Schlachtreihen des Feindes zu sprengen und diese dann zu überrennen und den Feind dadurch zum Aufgeben oder zur Flucht zu zwingen. In ihrer Blütezeit war sie in einem Zeitraum von über 125 Jahren unbesiegt geblieben. Aufgrund dieser Tatsache sowie ihrer untypischen Bewaffnung und Schlachtführung wird sie zur effektivsten Kavallerieeinheit der Weltgeschichte gezählt.


Der Ursprung

In ihren Ursprüngen scheint der Anbeginn der Husaria seine Wurzeln in der Schlacht auf dem Amselfeld (Im Jahr des Herrn 1389, genauestens am 15. Juni dieses schicksalsträchtigen Jahres) zu haben. Vereinigte serbische Armeen mussten sich dort dem Osmanischen Reich geschlagen geben. Diese Osmanen führten unter dem Banner des Propheten Mohammed schon lange Zeit Eroberungsfeldzüge gegen das Byzantinische Reich und mussten sich der serbischen Unterstützung für Konstantinopel entledigen, wollten sie die Hauptstadt endlich einmal frontal angreifen (was letztendlich knapp 60 Jahre später im Jahre 1453 Anno Domini gelang, als mit dem Fall Konstantinopels nach dem Einfall der Janitscharen durch die Kerkoporta und dem frevelhaften Ritt des Sultans Mehmed II. über den Altar der Hagia Sophia die Ära des Oströmischen Reiches zu Ende ging). Die serbischen Krieger, die Usaren oder Gusaren, beritten und bewaffnet, suchten danach Unterschlupf in benachbarten Königreichen um von dort aus die Kampfestätigkeiten gegen die Osmanen fortzuführen, da der serbischen Seele Niederlagen fremd sind, sie sich nicht geschlagen geben will und nach Rache dürstet. So zogen die Usaren in die ehrenvollen Dienste der Magyaren, des ungarischen Brudervolkes der Lechiten, denn so werden die Polen auch gennant, von gleichem sarmatischen Geist beseelt, von wo aus sie weiterkämpfen konnten und auch die Kampfformationen und -taktiken der Magyaren mitbestimmten. So kämpfte man bei Warna (hier auch gemeinsam mit den Lechiten - das Jahr des Herrn ward 1444) und sehr viel später auch bei Mohács, aber da war das Magyarenreich schon am Wanken und dem Königsgeschlecht der Jagiellonen der Dolchstoß versetzt (sprichwörtlich, und dann auch von hinten) und als die Magyaren sich aufgrund der Angriffe der osmanischen Eindringlinge immer weiter zurückziehen mussten und das ungarische Königtum in seinen Grundfesten erschüttert ward, fanden immer mehr Usaren Zuflucht im Reiche der polnisch-litauischen Könige. Hier gaben sie ihr Wissen und ihre Kampfestaktiken weiter und unter dem sicheren Schutz der polnischen Krone entwickelten sich diese schlagkräftigen Kampfverbände, die mit der Zeit immer stärker jenen Charakter annahmen, wie er dann auch (der besagte Charakter) in die Weltgeschichte eingehen sollte. Die Husaria erblickte das Licht der kriegslüsternen Welt. 

Die Quellen

Die früheste polnische Aufzeichnung über das Vorhandensein jener legendären Reiterei datiert auf das Jahr des Herrn, das Heilige Jahr 1500. In einem Rechenschaftsbericht der königlichen  Schatzkammer werden fünf Husaren mit Namen benannt, die zu diesem Zeitpunkt in die erlauchten Dienste der Jagiellonendynastie einzutreten vermochten. Das kurze Schriftstück trägt den lateinischen Namen "Regestrum in quo diversi computi ti rationem..." und im genauen Wortlaut:

 

"Hic sunt hussarze: Andrych hussarz XXXX florenos super servitium (...) Hic sunt hussarze, quibus dedi in Nowa Civitate: Casper Czekiel, Wacław Lubicz cum sociis, Michał husarz cum sociis, Lucas husarz cum sociis."

 

Kurz und schmerzlos. Andrych, Casper, Wacław, Michał und Lucas waren also die fünf furchtlosen, die am Anfang einer langen Kette jener elitären Formation in die Dienste des polnischen Monarchen sattelten sollten. 1503 wurde es dann offiziell. Der Sejm, jenes adelsgestützte Parlament der Rzeczpospolita, berief die ersten Chorągwie (Fahnen oder Banner), in denen sich die Husarenritter formierten. Dieses nun geöffnete Kapitel eines Goldenen Zeitalters für die polnisch-litauische Rzeczpospolita sollte erst 273 Jahre später, dann ebenfalls mit einem Sejmbeschluss, geschlossen werden.

 

Der Husarz

Bevor wir uns der Husaria im Ganzen zuwenden, die Zeit in der sie wirkte näher betrachten sowie Gegner und Kampfstrategien analysieren, wer war eigentlich er, der Husarz, der berittene Kämpfer? Lassen wir hinsichtlich eines ersten Eindrucks den Kastellan Jędrek, historischer Rekonstrukteur und Kastellan der Burg Choinik, zu Worte kommen. Dieser Beitrag wird in der Folgezeit von uns mit Untertiteln versehen:

 

 

Im Dienste der Husaria zu stehen war ein Ehrendienst. Zugleich war es ein Dienst im Glauben für die abendländische Christianitas. Dieses Denken ist dem neuzeitlichen Menschen eher ein fremdes.  Damals war es aber die Grundlage jeglicher funktionierenden Societas. Der polnische Husarz, oder im deutschen Sprachraum auch als Flügelhusar bezeichnet, verstand sich ebendaso im Bruderdienste für seine christlichen Nachbarsbrüder. Denn von jeher ward Polen als "Antemurale Christianitatis" das Bollwerk des Christentums bezeichnet (nicht zuletzt seit dem Mongolensturm im XIII. Jahrhundert) , denn schon an den Grenzen lauerte der Feind der Heiligen Kirche, nicht nur der islamische Eroberer, aber auch der orthodoxe Schismatiker oder später der protestantische Abtrünnige. Aus jenen Gründen ward Polen von der Rekrutierung kreuzfahrender Ritter befreit und nur wenige Auserwählte zogen ins Heilige Land um die Heiligen Stätten von den Schergen Mohammeds zu befreien. Der polnische Kreuzzügler musste nicht ins Heilige Land reisen, er hatte die Infidels quasi vor seiner Haustür stehen. Und in der Tradition der Kreuzfahrer verstand sich auch die Husaria, das Kreuzfahrerkreuz zierte nicht nur Rüstungen aber auch Fahnen und sonstige Insignien der tapferen Formation. Gekämpft wurde für die Sicherheit der Krone und des Papsttums, aber auch die eigenen Familien und Ländereien und nicht zuletzt für die Freiheit, diesen kostbaren Edelstein in der Historie des Menschengeschlechtes. Denn nur innert der christlich-katholischen Societas ist wahre Freiheit möglich. Das wusste der Husarz nur zu gut.

 

Die Gegner 

Die Schweden, Martin Luther und die Protestanten

 

Als absehbar ward, dass die Kalmarer Union keine Zukunft mehr habe und die Schweden der Dänen überdrüssig wurden, nahm Gustav I. Wasa so ziemlich alles in seine flinken Hände: Da nämlich nach politischen Unruhen und verlustreichen Kämpfen die Staatsfinanzen am Boden lagen, musste dringendst eine Finanzspritze her. Diese erblickte man sodann im Eigentum der Katholischen Kirche. Doch wie an sich bringen? Wie enteignen? Ein Beispiel auf dem Kontinent machte da gerade Furore: Martin Luther. Die Gebrüder Olavus und Laurentius Petri hatten in Deutschland Bekanntschaft mit dem selbsternannten Reformator und Thesenanschläger gemacht. Die Opposition des Luthertums zu Klöstern und anderen Kirchengütern schuf also DIE Gelegenheit zur Auffrischung der prekären finanziellen Situation. Aus diesem jenen Grunde unterstützte dann auch Gustav die listenreichen Brüder und Spezln des Reformators. Da die Bevölkerung zunächst nicht in Kontakt mit dem protestantischen Gedankengut kommen sollte (um ja keinen Verdacht zu schöpfen) wurde die Reformation schrittweise und auf leisen Sohlen eingeführt. Merkmale, die den Anschein der Tradition vermitteln sollten, wurden beibehalten. Nichtsdestotrotz wurde während der Zusammenkunft des Reichstags von Västerås im Jahre des Herrn 1527 beschlossen, dass ein Großteil der früheren kirchlichen Einkünfte von nun an dem Königshaus zur Verfügung gestellt werden sollte. Gleichzeitig wurde Gustav anstelle des Papstes zum Oberhaupt der schwedischen "Kirche" ernannt. Die Krönung zum König wurde am 12. Januar 1528 A.D. im Dom zu Uppsala vorgenommen. Die Katholische Kirche im groß angelegten Stil enteignet. Das Kapital dem Königshause übertragen. Schweden zum evangelischen Reich erklärt. Das wars.

Die Enteignung der Katholischen Kirche brachte dann auch die lang ersehnte Finanzkonsolidation und ungeahnte Barreserven. Doch der König hatte nun ein neues Luxusproblemchen: Wie investieren? Der Investitionsplan duldete ja keinen Aufschub. Eine Armee musste her. Man hatte schließlich weitreichende Pläne. Schwedische Hegemonialmachtaspirationen auf dem Kontinent hätten da gewisse Reize. Imperiale Gelüste kamen von selbst. Auch wollte man die Katholen in Schach halten, Gewissensbisse hatte man da schon längst über Bord geworfen. So waren schwedisch-polnische Kriege nur eine Frage der Zeit. Auch mischte man im 30-jährigen Krieg auf Seiten der protestantischen Union kräftigst mit.  Schwedische Truppen belagerten dann auch allen Ernstes das Kloster von Tschenstochau, in dem das wundertätige Bild der Muttergottes und Königin Polens aufbewahrt ward, verwüsteten ganze Landstriche einer Heuschreckenplage gleich (im polnischen wurde diese betrübliche Zeit auch als Sintflut [poln. Potop] bezeichnet) doch letztendlich konnte man sich der ungebetenen Gäste entledigen. Eine der wichtigsten Schlachten, die die Husaria im Laufe ihrer Geschichte erfocht, war die Schlacht bei Kirchholm, unweit der heute lettischen Stadt Riga.  Hier kämpften die Flügelhusaren gegen ein schwedisches Heer unter der Führung von König Karl IX. (von Schweden). Das zahlenmäßig mehr als 3-fach überlegene Heer der Schweden (aber auch Niederländer, Deutsche und Schotten kämpften innert der schwedischen Schlachtreihen) wurde dabei vollständig aufgerieben und folgerichtig vernichtend geschlagen. Ein echtes Husarenstück war dann gar die Entsendung der Husaria auf die dänische Insel Als, als wo man die Schweden am Schlafittchen packte, nachdem Ross und Reiter in voller Rüstung und Montur einen 500 Meter breiten und mehrere Meter tiefen Meerbusen (dänisch: Sund) überwinden mussten. Es gelang. Wie konnte es auch anders sein.

 

Rekapitulierend lässt sich sagen, dass der Protestantismus eine späte, aber auch eine zähe Häresie ist, auf der viele weiterentwickelte Häresien aufbauen. Natürlich kann man eine Häresie nicht nur mit Waffen eindämmen, es ist vielmehr eine geistige Auseinandersetzung und das eigentliche Zentrum des Kampfes ist ein geistiges. Insofern waren die Schweden hier auch nur "Mittel zum Zweck". Um an Kapital zu kommen war man bereit, seine eigenen Untertanen einer Häresie zu opfern. Bezeichnend ist, dass man sie auf leisen Sohlen einführen musste, denn in Tradition und Wahrheit erzogene Menschen neigen dazu, den Schwindel zu entlarven. Im Fall des schwedischen Protestantismus wurde ein ganzes Volk hinters Licht geführt. Unser Herr, Jesus Christus sagte dazu folgende Worte, die im Lukasevangelium Kapitel 17 dermaßen aufgeführt sind: "Es wird immer Verführungen geben, doch wehe dem, der daran schuld ist. Für diesen wäre es besser, er würde mit einem Mühlstein um den Hals ins tiefe Meer geworfen, als dass er einen dieser Gering-geachteten hier zu Fall bringt."

Der Protestantismus birgt ein gefährliches geistiges Gift, und dieses wurde hier der abendländischen Christianitas des schnöden Mammons wegen eingeflößt. Im Zentrum der lutherischen Thesen steht der gott, der bevor er gut werden konnte, zuerst böse sein musste. "Bevor gott wurde, ward er Satan" ist der Aussagekern Martin Luthers. Da es nicht der christliche Gott sein kann, wird der Name hier auch klein geschrieben um keinen Missverständnissen aufliegen zu können. In allen evangelischen Sekten wird dieses gottesbild jedoch als Bild der Gottheit Jesu Christi vermittelt. Was nicht sein kann und demnach auch nicht sein darf. Aufgrund der weitreichenden Thematik und umfangreicher Quellenlage verweisen die Autoren an diesem Punkt an die Veröffentlichungen und Vorträge des Neothomisten, Theologen und Philosophen Prof. Dr.habil. Tadeusz Guz. Denn nur im Lichte der Philosophie des Aquinaten lässt sich das Werk Martin Luthers richtig einordnen.

 

Wissend, dass der Hauptteil der Arbeiten von Prof. Guz bislang nur in polnischer Sprache vorliegt, werden die Autoren mit der Zeit Schlüsselvorträge übersetzen und sie dem interessierten deutschen Leser zur Verfügung stellen.


Die Zaren, das "dritte Rom" und das Vermächtnis der großen Schismatiker

 

Nachdem wir die schwedischen Abtrünnigen im Norden kurz und knapp abgehandelt haben, kommen wir jetzt an die Ostflanke der Rzeczpospolita. Der Gegner hier zeigt sich gewaltiger, erbarmungsloser, gewalttätiger und verrückter. Es ist sprichwörtlich ein Reich des Bösen, das Land der Wahnsinnigen und des nie endenden Schreckens. Es muss das Land Mordor sein, der Zarenpalast des Moskauer Kreml dem Sitz Saurons ebenbürtig, der im Iwan dem Schrecklichen sein menschliches Pendant zu haben schien. Das bekannte Bildnis von Ilia Repin (rechter Hand) zeigt den Despoten, wie er gerade in einem Anfall von Wut und Wahn den eigenen Spross erschlug, um dieses Verbrechen umgehenst bitterlich zu beweinen. Vorausgegangen war dem verabscheuungswürdigsten Totschlag ein Angriff Iwans auf die hochschwangere Ehefrau des eigenen Sohnes, als er sie mit Tritten in den Unterleib traktierte. Der Zarewitsch wollte sich schützend vor sie stellen und ward kurzerhand getötet. Iwan galt als intelligent und gerissen aber auch verschlagen, nachtragend und jähzornig. Er konnte strategisch weit vorausdenken und spielte oft Schach, auch gegen sich selbst. 1550 A.D. begann er mit der Neuordnung des russischen Heeres, festigte den zentralen Staatsapparat und erhöhte die militärische Schlagkraft. Um den russischen Adel, die Bojaren, im Zaum zu halten, gründete er die Terrortruppe der Opritschniki, eine ihm eigens unterstellte Eingreif- und Elitetruppe. Die Verbrechen dieser Terroristen waren so makaber, als wären sie dem gruseligsten Gruselkabinett entliehen. Die Eroberung des Khanats Kasan 1552 A.D. und kurze Zeit später auch Astrachans (letzter Nachwehen der Goldenen Horde - also dem, was vom mächtigen Mongolenreich Dschingis Khans übrig geblieben war) begründete das russische Imperium. Iwan war auch der erste Zar, der weit nach Osten blickte, nach Sibirien nämlich, dem „schlafenden Land“ jenseits der Gebirgszüge des Urals. Kostbare Schätze wie Gold, Kristalle und prächtige Zobelfelle wurden ihm von einem Mitglied der Familie Stroganow gezeigt und Ivans Gier wuchs ins schier Unermessliche. 1555 A.D. ward dann der Startschuss für die „Moskauer Kompanie“, eine englisch-russische Handelsgesellschaft, die sich die Ausbeutung der sibirischen Wildnis auf die Fahnen schrieb. Sie bestand ununterbrochen bis 1917, dem Ausbruch der kommunistischen Oktoberrevolution unter der Führung Wladimir Iljitsch Lenins.

Der Totschlag an seinem eigenen Sohn Iwan, dem Zarewitsch und Thronfolger, während eines von ihm selbst angestifteten Streites im Zorn, ist ein klares Beispiel für seine zerrüttete Wesensart, denn gleich darauf bereute er zutiefst. „Von Adam an bis zu diesem Tag habe ich sämtliche Sünder übertroffen. Bestialisch und verdorben habe ich meine Seele besudelt.“ hatte er nach dieser Tat vermerkt. Doch er war nicht der letzte Zar, der seinen eigenen Sohn und Nachfolger tötete, diese Gräuel sollten sich im russischen Zaren-Haus noch des öfteren zutragen. Der schreckliche Iwan litt zeitlebens unter Stimmungsschwankungen und schweren Depressionen. Er starb im Jahr des Herrn 1584, und zwar am 18. März jenen Jahres.  In seinen letzten Lebensjahren soll er Trost bei Hexen und Zauberern gesucht haben und immer mal wieder heulend durch sein Schloss gelaufen sein.


Als sich der Moskauer Großfürst Iwan der Schreckliche 1547 A.D. zum Zaren der ganzen Rus krönen ließ, verstärkte sich die bereits unter Iwan III. ausgearbeitete Konzeption von Moskau als Drittem Rom (Iwan III., Moskauer Großfürst) hatte, um den Erbschaftsanspruch auf das Byzantinische Reich zu bekräftigen, im Jahre des Herrn 1472 - also 19 Jahre nach dem Fall des oströmischen Reiches - Sofia Palaiologa, die Nichte des letzten byzantinischen Kaisers Konstantinos XI. Palaiologos zur Ehefrau genommen). Moskau ward damit der einzig verbliebene „Hort des "rechtgläubigen" (orthodoxen) Christentums“. Byzantinische Rituale, Herrschaftsformen und Staatssymbole wie der bekannte Doppeladler fanden Einzug ins russische Leben.  Aus dem Großfürstentum Moskau wurde mit der Krönung Ivans des Schrecklichen dann auch das Zarentum Russland. Entsprechend dem offiziellen Titel des Zaren "Zar und Großfürst der ganzen Rus" (Царь и Великий князь всея Руси) kann der Name auch als „Zarentum Rus“ übersetzt werden (das Adjektiv русское leitet sich ursprünglich von Русь her). Die Idee bei der Staatsbenennung bestand vor allem in der Unterstreichung, dass in diesem Staat alle Rus-Gebiete vereinigt waren, die nicht unter einer (polnischen-litauischen) "Fremdherrschaft" standen. Demnach grenzte sich Russland also schon in seiner Staatsgründung ganz bewusst und mit vollem Impetus gegenüber der polnischen Krone ab. Während sich das Großfürstentum Moskau vor dem Fall Konstantinopels vor allem gegen die Mongolen der Goldenen Horde behaupten musste, wurde es mit der Übernahme der konstantinopolischen Erbschaft selbstbewusster um dann mit der Gründung des Zarentums in die Expansionsbewegung überzugehen.  Dabei war es nicht nur der Drang nach Osten und die Eroberung Sibiriens sondern auch der Zugang zur Ostsee und den baltischen Ländern die auf Ivans Wunschliste ganz oben standen. Mit dem zweiten Punkt musste er zwangsläufig in die Interessenstruktur der Rzeczpospolita einbrechen und die Husaria auf den Plan rufen.


Der Interessenkonflikt war jedoch nicht in erster Linie ein materieller und es ging hier ganz und gar nicht um die Gewinnung oder Verteidigung von Ländereien, es waren grundsätzliche Konzepte der Staatsführung und Fragen nach Wahrheit. Quid veritas est? fragte schon Pontius Pilatus unseren Herrn Jesus Christus am Tag der Kreuzigung im Rahmen des fingierten Gerichtsverfahrens. Und um diese Frage zerbrach auch das ehemals geeinte christliche römische Reich in Ost- und "Westrom", unbeachtet der Tatsache, dass alle Wege stets nach Rom führen. Das oströmische Reich mit der Hauptstadt in Konstantinopel, von jeher auch Byzanzium genannt, deutete die Worte Jesu Christi "Tu es petrus" gänzlich anders. Während in der römischen Linie der Papst als Stellvertreter Jesu auf Erden über dem weltlichen Herrscher stand und die christlichen Monarchen nach Rom blickten, schuf das konstantinopolische Umfeld den "Gleichklang" von staatlicher und geistiger Autorität. Dies symbolisierte eindrücklich der doppelköpfige Adler. Im ökonomischen und kulturellen Aufschwung fand man sich bestätigt. Konstantinopel galt für Jahrhunderte als Zentrum für Stabilität und Wohlstand. Es war der Knotenpunkt unzähliger Handelsrouten. Die Diplomatie war sprichwörtlich. Der wohlgenährte und imposante Beamtenapparat wachte über die Steuererhebung und Rechtssprechung. Die Byzantiner schienen alles richtig gemacht zu haben. Während "West"-Rom von marodierenden Barbarenhorden ein ums andere Mal heimgesucht wurde und die Stadt zunehmend verfiel gedieh Konstantinopel prächtig. Anstatt sich mit den Barbaren herumzuschlagen und das eigene Leben auf dem Schlachtfelde zu riskieren zahlte man lieber hier und da eine Abfindung, mehr oder minder aus der Portokasse. Im übrigen verwies man auf "West"-Rom falls sich die Barbaren man wieder austoben wollten. So vergingen die Tage und das Leben war schön. Doch am Horizont sahen man schon die ersten dunklen Wolken aufziehen.


Die Päpste haben in diesen Jahrhunderten der Dunkelheit Rom niemals verlassen. Denn in Rom stand der Fels, das Grab des Apostels Petrus, zu dem unser Herr Jesus sprach: "Tu es Petrus, et super hanc petram aedificabo Ecclesiam meam, et portae inferi non praevalebunt adversus eam: et tibi dabo claves regni coelorum. Quodcumque ligaveris super terram, erit ligatum et in coelis; et quodcumque solveris super terram erit solutum et in coelis." Und auf deutsch: "Du bist Petrus, der Fels und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein". Getreu dieser Worte harrten sie aus im Glauben. Im Osten wurden die Wolken derweil finster und finsterer. Der Islam begann mit der Eroberung der Welt unter dem Banner des Propheten. Und ein lohnendes Ziel ward Byzanz. Immer häufiger folgten Angriffe, der Feind war mit Abfindungen nun nicht mehr zufriedenzustellen und wollte alles: das Herz. Im XII. Jahrhundert gelang dann endlich den Osmanen nach dem Sieg auf dem Amselfeld eine günstige Ausgangslage für den Frontalangriff auf Konstantinopel.

 

Der 29. Mai 1453 A.D. markiert in der Geschichtsschreibung das Ende des Mittelalters und den Beginn der "Neuzeit". Der Kampf der Pforten wurde zugunsten der Hohen Pforte entschieden, als die Kerkoporta genommen wurde, eine scheinbar winzige Pforte in den Wehranlagen der größten Festungsanlage der damaligen Welt. Die Hohe Pforte, wie das Osmanische Imperium genannt wurde, begann ihren Siegeszug gen Norden. Der Adel floh Hals über Kopf, viele kostbare Schriftstücke konnten jedoch schon vorher aus der Stadt gebracht  und gerettet werden. Das Wissen ward nicht verloren und die Weitergabe dessen war gewährleistet.  Moskau stieg nun in den Rang der Hauptstadt der Orthodoxie.

 

Wenn nicht bereits früher, so wurde spätestens seit dem Fall Konstantinopels Russland zunehmend byzantinisch geprägt. Kurze Anmerkung nochmals hinsichtlich des byzantinischen Kulturkreises: Der Staat byzantinischer Prägung unterhält eine gigantische Bürokratie und ausuferndes Gerichtswesen, die jeden noch so unbedeutenden Lebensbereich einem strengen Regelwerk unterstellen wollen. Die hohe Steuerlast führte im Einflussbereich Ostroms häufig zu Migrationsbewegungen, die in der Lage waren große Gebiete zu entvölkern. Im Gegensatz zu anderen Mächten des Mittelalters verfügte der byzantinisch geprägte Staat über eine stehende Armee die einen hohen Finanzierungsbedarf erforderte. Ebenfalls wird in einem byzantinischen Staat der Wert der diplomatischen Schachzüge hoch gehalten, was zu Ausbildung sicherheitsdienstähnlicher Gruppierungen und Strukturen führt. Das war in Konstantinopel der Fall und das sollte auch später in Moskau ein auffälliges Merkmal jenes Gesellschaftssystems werden. Auch das Heilige Römische Reich Deutscher Nation wurde seit Kaiser Otto II byzantinisch geprägt, da dessen Frau Teophanu die Nichte des oströmischen Kaisers Johannes I. Tzimiskes war, und im Zuge der Heirat und Wegziehens in die deutschen Lande eine stattliche Anzahl von Intellektuellen, Wissenschaftlern und im byzantinischen Staatsapparat ausgebildeten Bürokraten mit sich brachte, die dann im Verlauf der Zeit das Staatsgebilde von innen heraus bearbeiten sollten. Dem polnischen Philosophen Feliks Koneczny nach hat die byzantinisch geprägte Kultur bis zum heutigen Tage einen negativen Einfluss auf viele westeuropäische Staaten, was im Ausbau der Bürokratie erkennbar wird, aber ebenso in der Einflussnahme des Staates auf unterschiedlichste Lebensbereiche, die von ihr begrenzt und beschnitten werden, in die sie sich aber nicht einmischen sollte. Ebenso führt sie zum langsamen Schwinden ethischer Aspekte und weiterer, sichtbarer oder aber auch weniger sichtbarer Militarisierung. In Russland wurde die byzantinische Kultur zusätzlich mit den Elementen des mongolischen Erben vermengt, was weitere gefährliche Explosivität mit sich brachte.


Nach dem Tode Ivan des Schrecklichen, der im Jahre des Herrn 1584 dahinschied, begann im russischen Zarenreich die Zeit der "großen Wirren". Kurze Zeit regierte sein Sohn Fjodor I. (aber eher auf dem Papier), in Wirklichkeit hörte man aber auf Boris Gudonow, der in den letzten Lebensjahren von Ivan dem Schrecklichen zu seinem engsten Beraterkreis zählte. Boris Gudonow kam als Usurpator an die Macht und war von 1598 bis 1605 Zar und Großfürst von Russland, es gab aber Machtzirkel um bestimmte Bojarengruppen, die vorgaben, es gäbe weitere Erben Iwans des Schrecklichen und er hätte nicht nur den einen Erben Fjodorow I. (der zwischenzeitlich gestorben war - Iwan der eigentliche Thronfolger wurde ja durch die Hand des Vaters erschlagen). Man organisierte ein Heer und marschierte auf Moskau als in dieser labilen Situation Boris Gudonow starb (ob natürlichen oder unnatürlichen Todes konnte letztendlich nicht wirklich geklärt werden). Die Verwirrung konnte nicht größer sein. Auch paktierten die Machtgruppen im Kreml inzwischen mit den Schweden um endlich den ersehnten Zugang zur Ostsee gegen die polnische Krone zu erkämpfen. In dieser unübersichtlichen Situation erklärte Polen-Litauen den Russen den Krieg um einem Angriff der boshaften Verbündeten zuvorzukommen. Es war im Jahre des Herrn 1609, und im Jahr darauf, am 4. Juli 1610 A.D. prallte das polnische Husariakontingent auf eine schwedisch-russische Streitmacht bei dem kleinen Örtchen Kluszyn auf halben Wege zwischen Smolensk und Moskau. Die Russoschweden oder Schwedorussen, angeführt von Dimitri Iwanowitsch Schuiski, dem Bruder zu diesem Zeitpunkt regierenden Zaren Wasili IV. zählten im ganzen 35.000 Kämpfer, die polnische Husaria unter der Führung von Großhetman Stanisław Żółkiewski bot gerade einmal 7.000 Mann auf. Trotzdem wurde das Heer Schuiskis in Stücke gehauen und die polnischen Flügelhussaren konnten kurze Zeit später siegreich auf dem Moskauer Kreml einziehen.

 

Die Dinge standen Kopf. Polen hatte im entscheidenden Moment den russischen Zaren schachmatt gesetzt. Die Bojaren beratschlagten was zu tun wäre und enthoben kurzfristig den Zaren Wasili seines Amtes. Man schor ihm den Kopf und verbannte ihn in ein nahe gelegenes Kloster. Nach der Einnahme Moskaus durch  Großhetman Stanisław Żółkiewski wurde der Schuiski-Clan samt Ex-Zaren gefangen genommen und nach Warschau verfrachtet. Dort huldigte er dem polnischen König Sigismund III. was in die Geschichtsbücher als "Russische Huldigung" eingegangen ist. Mehrmals schlug er dabei mit dem Kopf auf den Steinboden, vor dem König liegend, sich seiner Zarenmacht entledigend, schwörend, dass nie wieder ein Russe der polnischen Rzeczpospolita gefährlich werden dürfe. Er bleib im polnischen Exil und hat den russischen Mutterboden nie wieder betreten. Die Bojaren boten derweil dem Sohn und Thronfolger von Sigismund dem III. den Zarentitel an. Eine polnisch-russich-litauische Union unter der Führung von Vladislaus IV. war zum greifen Nahe. Es wurden in Moskau bereits Münzen mit dem Aufdruck von Vladislaus Sigismuntowitsch (russ. Владислав Жигимонтович) geprägt. Die Übernahme der Zarenkrone wurde jedoch von Sigismund III. verhindert, war sie an eine Bedingung gekoppelt: Der junge polnische Thronfolger und Zar in spe hätte den Orthodoxen Glauben annehmen müssen. Und das akzeptierte Sigismund III., ein wahrer katholischer Staatsmann, nicht. Derweil nahmen die Dinge ihren weiteren Lauf. Die Bojaren wollten Ruhe im Staat. Man einigte sich auf  Michail, den Sohn des Bojaren Fjodor Nikititsch Romanow-Jurjew. Es war der Beginn der Romanow-Dynastie. Schuiski, der in Polen weilte, war den Bojaren dann aber ein Dorn im Auge und musste schleunigst beseitigt werden. Denn seine Anwesenheit im Exil war wie eine schwärende Wunde, die an eine unrühmliche Abdankung und die Übertragung des Zarentitels an einen polnischen Thronfolger erinnerte. Er wurde dann auch samt Clan vergiftet (man erinnere sich an die Erben der Opritschina, die auch fern des Kreml noch zu Schandtaten fähig waren) denn die Erinnerung an Schuiski und die unrühmliche Huldigung sollte getilgt werden. Die Husaria verließ den Kreml am 4. November (nach dem julianischen Kalender eigentlich am 22. Oktober) 1612. Dieser Tag ist in Russland bis heute ein bedeutender Feiertag - Der Tag der Einheit des Volkes (russisch День народного единства) wenn auch den Wenigsten die wahren Zusammenhänge bekannt sind. Und die polnische Husaria war die einzige ausländische Streitmacht in der Geschichte Russlands, die über einen längeren Zeitraum in der Lage war, den Moskauer Kreml zu halten.


Nicht ganz zwei Jahrhunderte später nahm Russland und der Romanow-Clan an der Aufteilung der Rzeczpospolita teil, Polen wurde von der Landkarte getilgt. Die Erinnerung an die Husaria sollte verlöschen. Im Jahre 1917 A.D. brach mit der Oktoberrevolution eine finstere Zeit an, nicht nur für Russland selbst aber auch für Polen und weitere Länder der ehemals starken Christianitas. Im Jahr 1940 wurde an den Erben des polnischen Adels in Katyn ein Massenmord ohnegleichen verübt. Polen sollte für immer von der Weltenbühne verschwinden und die Erinnerung an die Flügelhusaren gleich mit.

 

Es ist an dieser Stelle anzumerken, dass der Stellenwert Russlands für die Geschichte unserer Welt ein besonderer ist. Viele glauben, dass um die Umstände der Kreml-Eroberung durch die Husaria ein entscheidender Wendepunkt in der Geschichte erreicht wurde, jedoch auch als vertan anzusehen ist. Die Eroberung mit dem Schwerte allein reiche hier nicht. Das eigentliche Schlachtfeld erstreckt sich in den Herzen der jeweiligen Menschen die an dem historischen Geschehen teilnehmen. Nur durch den entschiedenen Kampf mit den eigenen Sünden und Schwächen, dem Bereuen und dem Wiedergutmachen der eigenen Verfehlungen lässt sich die eigentliche Bresche durch Feindesreihen schlagen. Die Hochheiligste Muttergottes erinnert uns daran im zweiten Geheimnis von Fatima, A.D. 1917:

 

„Ihr habt die Hölle gesehen, wohin die Seelen der armen Sünder kommen. Um sie zu retten, will Gott in der Welt die Andacht zu meinem Unbefleckten Herzen begründen. Wenn man tut, was ich euch sage, werden viele Seelen gerettet werden, und es wird Friede sein. Der Krieg wird ein Ende nehmen. Wenn man aber nicht aufhört, Gott zu beleidigen, wird unter dem Pontifikat von Papst Pius XI. ein anderer, schlimmerer beginnen. Wenn ihr eine Nacht von einem unbekannten Licht erhellt seht, dann wisst, dass dies das große Zeichen ist, das Gott euch gibt, dass Er die Welt für ihre Missetaten durch Krieg, Hungersnot, Verfolgungen der Kirche und des Heiligen Vaters bestrafen wird. Um das zu verhüten, werde ich kommen, um die Weihe Russlands an mein unbeflecktes Herz und die Sühnekommunion an den ersten Samstagen des Monats zu verlangen. Wenn man auf meine Wünsche hört, wird Russland sich bekehren und es wird Friede sein. Wenn nicht, wird es seine Irrlehren über die Welt verbreiten, wird Kriege und Kirchenverfolgungen heraufbeschwören. Die Guten werden gemartert werden, der Heilige Vater wird viel zu leiden haben, verschiedene Nationen werden vernichtet werden, am Ende aber wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren. Der Heilige Vater wird mir Russland weihen, das sich bekehren wird, und der Welt wird eine Zeit des Friedens geschenkt werden.“

 

Möge der Kampf in den Herzen geführt und gewonnen werden! Möge die Hochheiligste Muttergottes für uns eintreten! Möge der Herr sich unserer aller erbarmen!


Ataman Bohdan Chmielnicki und der Kosakenaufstand


Die Osmanen, vom Fall Konstantinopels bis zur Belagerung Wiens und das Banner des Propheten 


Die Freimaurerei und die große Weltverschwörung


Die größten Schlachten

Schlacht bei Moldawia (1572)

10. April 1572

Schlacht bei Danzig-Lubieszów (1577)

17. April 1577

Schlacht bei Mohylew (1581)

27. Juni 1581

Schlacht bei Kirchholm (1605)

27. September 1605

Schlacht bei Klushino (1610)

4. Juli 1610

I. Schlacht bei Chocim (1621)

2. September – 9. Oktober 1621

Schlacht bei Hönigfelde (1629)

25. Juni 1629

Schlacht bei Kutyszyce (1660)

26. September 1660

Schlacht bei Wien-Kahlenberg (1683)

12. September 1683

Schlacht bei Hodow (1694)

11. Juni 1694


(Dr. Thomas Stankiewicz)